Flexibel adaptierbare Lichtversorgung für mobile Kräfte im Einsatz
Das Einsatz- und Fähigkeitsspektrum des Kommandos Spezialkräfte der Marine (KSM) ist breit und so verfügt das KSM auch über eigene Sanitätskräfte zur adäquaten medizinischen Versorgung Verwundeter oder Erkrankter bei Einsätzen der maritimen Spezialkräfte. Diese Versorgung geschieht beispielsweise auf Schiffen oder in den Hafenanlagen von Krisengebieten.
Bei diesen Einsätzen ist häufig eine Anbindung an die terrestrische Stromanbindung nicht oder nicht mehr gegeben. Gleichzeitig tickt bei sanitätsdienstlichen Einsätzen, wie dem Stillen von arteriellen Blutungen oder der Entlastung eines Spannungspneumothorax, die Uhr: Eine verzugslose Verwundetenversorgung unter taktischen Bedingungen kann Menschenleben retten. Eine wesentliche Voraussetzung dafür sind ausreichende Lichtverhältnisse auch unter improvisierten Bedingungen.
Bislang können jedoch mit dienstlichen Leuchtmitteln wie beispielsweise mit Stirnlampen nur unzureichende Lichtverhältnisse zur Versorgung der Verwundeten realisiert werden. Um dennoch die Sanitätsversorgung schnell und flexibel gewährleisten zu können, hat der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw, seit dem 1.1.2020 eine Abteilung der BWI GmbH) zusammen mit dem KSM und einem Hamburger Startup für textile Lichtversorgung nach einer adäquaten Alternative gesucht.
Die Lösung: Flexibel adaptierbare Lichtversorgung für mobile Kräfte im Einsatz (faLKE). Im Rahmen des Innovationsvorhabens faLKE testet der CIHBw daher gemeinsam mit dem KSM einen Lichtteppich mit LED-Lampen. Damit wird geprüft, inwieweit die bestehende Lücke mittels dieser alternativen Lichtversorgung geschlossen werden kann.
Generell soll die flexibel adaptierbare Lichtversorgung unabhängig von den schon vorhandenen Beleuchtungseinrichtungen der verschiedenen Nutzergruppen getestet werden. Wie viele der Innovationen, die der CIHBw testet, ist auch der Lichtteppich ein sogenanntes Dual-Use-Produkt. So werden die Lichtteppiche im zivilen Umfeld bereits von Filmcrews für Außen- Drehs genutzt, um auch bei nächtlichen Dreharbeiten eine adäquate Lichtquelle zu haben.
Sanitätsdienstlicher Einsatz
Gerade im sanitätsdienstlichen Einsatz spielen die Faktoren Zeit und Unabhängigkeit (z. B. von Energieinfrastruktur) bei der Verwundetenversorgung eine entscheidende Rolle. Um die häufig ohne Unterstützung operierenden Kräfte nicht zu belasten, müssen die Lichtteppiche nicht nur unabhängig vom terrestrischen Stromnetz funktionieren, sondern auch ein sehr geringes Packmaß und Gewicht haben. Knautschknick- und rollbar, extrem leicht und biegsam, lassen sich die Lichtteppiche gefaltet auch in einem Rucksack oder gar in der Hosenbeintasche des Gefechtsanzuges verstauen, ein wichtiges Kriterium für das Produkt. Trotz ihrer Flexibilität in der Größe sind die Lichtteppiche dennoch extrem leistungsfähig und robust. Sie sind wasserabweisend, was bei Einsätzen in Hafenanlagen oder bei Unwetter natürlich wichtig ist. Einsatzbar zur Lichtversorgung sind die Lichtteppiche sowohl im Innen- als auch im Außenbereich.
Zur Befestigung dienen wahlweise Klettvorrichtungen, Ösen oder Magnete, und untereinander können sie mittels eines Verbindungskabels verbunden und in Reihe geschaltet werden. Auch die Möglichkeiten der Stromzufuhr sind flexibel, sei es kraft des integrierten Akkumulators, via terrestrischer Anbindung über ein Netzteil oder mit einer externen Erweiterung.
Digitale Steuerung via App
Die Bedienung der Lichtteppiche erfolgt entweder direkt über die integrierte Steuerungseinheit manuell oder remote per App, die über Bluetooth oder WLAN eine Steuerung der Lichtteppiche möglich macht. Die hierfür eigens programmierte App, die die Steuerung digital auf einem handelsüblichen mobilen Endgerät ermöglicht, erhöht die Flexibilität und das Einsatzspektrum des Systems maßgeblich. Mittels dieser App können die Lichtteppiche in Farbe und Helligkeit an die Umgebungsverhältnisse angepasst werden, die je nach Einsatzort variieren können.
Auch eine Gruppensteuerung mehrerer Lichtteppiche im Verbund ist über die App einstellbar. So haben die Sanitätskräfte des KSM das richtige, d.h. ein blendfreies und helles Raum und Umgebungslicht für die Verwundetenversorgung und die Überlebenswahrscheinlichkeit der Soldaten wird erhöht. Blinksignale und ein Infrarotmodus für die Verbindungsaufnahme mit eigenen Kräften, etwa beim Rücktransport Verwundeter, erweitern zusätzlich das Einsatzspektrum der Lichtteppiche.
Die Steuerung der Lichtteppiche über die App ist eine herausragende Optimierung der Einsatzbereiche. Die App ist klar strukturiert und einfach gehalten. Für den Einsatz sollte sie das KISS-Prinzip (Keep It Safe and Simple) bedienen. Wir brauchen KEINE Spielereien!”, so Stabsbootmann R. (Nutzer aus dem KSM).
Weitere Use Cases
Neben dem beschriebenen Use Case werden auch weitere Anwendungsfälle innerhalb der Bundeswehr im Zuge des Innovationsvorhabens geprüft: Der Lichtteppich als initiale Lichtquelle beim tageszeiten- und lichtverhältnisunabhängigen Errichten von Gefechtsständen sowie beim urbanen Kampf.
So testet neben dem KSM auch das Ausbildungszentrum Munster mit dem Ausbildungsbereich Schießübungszentrum Panzertruppen bereits mit den abgesessenen Kräften beim Orts- und Häuserkampf in der Einsatzvorbereitung die Verwendbarkeit der Lichtteppiche im urbanen Kampf. Kritischer Erfolgsfaktor in beiden Use Cases ist die Zeit, sei es im Hinblick auf die Verwundetenversorgung oder bei der Herstellung der Einsatzbereitschaft.
Die Idee dieser flexiblen Lichtversorgung bietet über die beschrieben Testszenarien hinaus Erweiterungsspielraum für die Nutzung der Lichtteppiche in anderen Einsatzszenarien. Beispielsweise ist auch deren Einsatz zur Markierung der Bodenkräfte für Luftfahrzeuge denkbar.
Dieser Artikel ist am 12.02.2021 im aktuellen @Behörden Spiegel erschienen.
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